W. Siemann - 1906 - II+P/8
Die Orgel wurde 1906 von der Münchner Orgelbaufirma Willibald Siemann als typisches spätromantisches Werk erbaut und befindet sich auf der Westempore der Kirche Maria Zell in Singenbach. Der Prospekt ist in drei Rundbogen-Flachfelder gegliedert und beherbergt die Pfeifen des Registers Oktave 4′. Das Instrument wurde als pneumatische Kegellade konzipiert; aufgrund der begrenzten Emporenhöhe liegen die Laden in Bodennähe, was den Zugang zu den Membranenleisten erschwert. Auf der großen Manualwindlade sind sowohl die Register des I. als auch des II. Manual untergebracht.
Im Rücken der Orgel stehen auf separaten Stöcken der Subbass 16′ sowie einige tiefe Pfeifen aus Flauto 8′ und Prinzipal 8′. Die Windversorgung erfolgt über einen großen romantischen Magazinbalg, der sich auf dem Dachboden der Kirche über der Orgel befindet und von einem Gebläsemotor der Firma Laukhuff in einer Motorkiste gespeist wird. Neben Staub, Schmutz und kleineren Funktionsstörungen in der Pneumatik hat sich in den vergangenen Jahren vor allem Schimmel in der Orgel ausgebreitet, sodass eine Renovierung notwendig wurde.
Das Pfeifenwerk war grundsätzlich von guter Substanz, jedoch wurden im Laufe der Zeit verschiedene Veränderungen vorgenommen. So wurden beispielsweise an den Holzpfeifen (Subbass 16′, Gedeckt 8′) die Aufschnitte mit Zinn- oder Pappblättchen verkleinert. Das Register Dolce 4′ besteht aus Fremdpfeifen, was an den falschen Tonbezeichnungen, den zugelöteten Stimmschlitzen sowie den nicht von Siemann stammenden Ton- und Registerstempeln erkennbar ist. Vereinzelt wurden weitere Fremdpfeifen, vor allem im Diskantbereich, eingesetzt. Zahlreiche Wurmlöcher in den Holzpfeifen waren provisorisch mit Holzkitt verschmiert, zudem wurden einige Pfeifen mit Nägeln und Papierstreifen „abgedichtet“.
Mehrere Kröpfe der Zinkpfeifen waren undicht und mussten durch den Pfeifenmacher neu verlötet werden. Für die Restaurierungsarbeiten wurde das gesamte Pfeifenwerk ausgebaut, mit einem Schimmelmittel behandelt und gereinigt. Der Kernbereich wurde trocken gebürstet und ausgepinselt, die Pfeifenkörper außen feucht abgewischt. Dellen und beschädigte Stimmvorrichtungen wurden ausgebessert. An einigen Zinkpfeifen war Gewebetuch in die Stimmrollen eingearbeitet, um Resonanzgeräusche zu vermeiden. Die Prospektpfeifen wurden vorsichtig gereinigt. Die Stimmspunde der Holzpfeifen erhielten eine Behandlung mit Talkum, und bei Bedarf wurden die Spunde neu beledert. Einige wenige Stimmdeckel mussten ersetzt werden.
Im Pedalbereich waren Pfeifen aneinandergehängt oder sogar vernagelt, sodass ein ungehinderter Ausbau einzelner Pfeifen nicht möglich war. Abschließend wurde das Pfeifenwerk in Lautstärke und Klangcharakter ausgeglichen und neu eingestimmt.
Winddruck: 90mmWS
Stimmung: gleichstufig (a1=440Hz bei 15°C)
Die Stöcke aus Nadelholz wurden ausgeblasen und nach der Renovierung der Westwand mehrfach abgesaugt und durchgeblasen. Die Rasterbretter aus Nadelholz mussten teilweise überarbeitet werden, da sie stellenweise Risse aufwiesen. Zudem wurden die Pfeifen wieder sauber und gerade einrastriert.
Die schwer zugänglichen Membranenleisten wurden vollständig demontiert und mit neuen Spaltledermembranen ausgestattet. Anschließend erfolgte die Einregulierung der Kegel. Auch die Tonrelais wurden überprüft und ihre Membranen erneuert.
Die Bleiverrohrung wurde kontrolliert. Bei Bedarf wurden einzelne Rohre mit Gummi-arabicum eingeklebt und verbeulte Leitungen gerichtet.
Der Spieltisch wurde in der Werkstatt vollständig restauriert. Die Umschaltrelais sowie die Koppel- und Registerapparate wurden demontiert und mit neuen Lederscheiben und Koppelmembranen ausgestattet. Verrostete Regulierschrauben und generell korrodierte Schrauben an den Apparaten wurden ersetzt. Die Auslassventile wurden aufgebürstet und die Federn neu justiert. Die Rohrverbindungen wurden mit Gummi-arabicum wieder sauber eingeklebt. Der gesamte Spielbereich wurde gereinigt und mit Schellack aufpoliert.
Das seitliche Spiel der Tasten wurde an den Führungsstiften nachgestellt und teilweise die Garnierungen erneuert. Die Dämpfungen der Pedalklaviatur wurden überprüft; bauartbedingt klappern die Pedaltasten jedoch etwas.
Die unschönen, neben der Klaviatur angebrachten Steckdosen sowie die alte Orgeleinschaltung wurden entfernt und durch neu eingepasstes Eichenholz ersetzt. Zudem wurde ein neuer, dezenter Orgeltaster mit Kontrolllicht eingebaut.
Interessanterweise muss an der Orgel einst eine Veränderung vorgenommen worden sein: Am Spieltisch befindet sich ein Relais für das nicht vorhandene Register „Verstimmung“, während das Relais für das Dolce 4′ in den Umschaltapparat des I. Manuals verlegt wurde. In Verbindung mit der Koppeleinschaltung „Unteroktav“ wird nun die Dolce 4′ mitgeschaltet – vermutlich, damit dieses wohl nachträglich eingebaute Register in den Kombinationen berücksichtigt wird. Möglicherweise war früher ein Schwebungsregister vorhanden, das man allerdings nicht in die festen Kombinationen einbezog.
Das Gehäuse wurde gereinigt und mit Schimmelmittel behandelt. An den vorderen Füllungen wurden neue Schrauben eingesetzt. Alle vier seitlichen Füllungen erhielten Abstandsklötzchen, um die Luftzirkulation innerhalb der Orgel zu verbessern und das Risiko eines erneuten Schimmelbefalls zu verringern.
Der Zugang zu den Membranenleisten erfolgt über das Podium, das vor der Orgel sowie seitlich auf der Nordseite entfernt werden kann.
Da der romantische Blasebalg nach über 100 Jahren nicht mehr dicht war und sowohl an den Balgecken als auch an den Längsstreifen Risse und Blasgeräusche aufwies, wurde er vollständig restauriert. Die alte Papierung und die Lederteile wurden zunächst mit heißem Wasserdampf abgelöst. Anschließend brachte man neue Längsstreifen und Lederzwickel an und leimte frisches Blaupapier auf die Falten. Auch der Anschlusskanal zur Orgel wurde neu papiert und mit neuem Dichtungsleder versehen. Das Rollventil wurde neu eingestellt, der Motor geölt.
Der Motor saugt den Wind über zusätzliche Holzkanäle an, die 1996 ergänzt wurden; der dort installierte Luftfilter wurde erneuert.
Unter dem Podium zwischen Spieltisch und Orgel traten hörbare Blasgeräusche auf. Nachdem der Schreiner das Podium entfernt hatte, konnte die undichte Stelle lokalisiert und fachgerecht abgedichtet werden.
| Principal | 8' |
| Gamba | 8' |
| Gedeckt | 8' |
| Oktave | 4' |
| Flauto amabile | 8' |
| Salicional | 8' |
| Dolce | 4' |
| Subbass | 16' |
| Normalkoppeln |
| II-Super-I |
| II-Sub-I |
| Feste Kombination: Mezzoforte, Forte |